Der Mansfeld kommt

Erinnerungen an Krieg und Frieden

Autor: Helmut Bollmann

 

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Der Regentanz

   Die ewige Dunstglocke über der flächenmäßig größten Stadt der USA ließ Bolle im geräumigen Salon- und Schlafwagenabteil eines Pullmanwagens hinter sich, der unterwegs abgekoppelt wurde und Kurs auf den Grand Canyon nahm. Auf dem Kopfbahnhof am Südrand des Canyons blieb der Waggon volle 24 Stunden stehen, Zeit genug, um dieses Naturphänomen gebührend zu bewundern.

   Das gewaltige Tal war an dieser Stelle etwa zehn Kilometer breit; die Steilwände schillerten in allen nur erdenklichen Farben. Beim Blick durchs Panoramafernrohr entpuppte sich das Moos am gegenüberliegenden, etwa 400 Meter höheren Nordrand als riesiger Nadelwald. Der silbrigglitzernde Faden tief, tief unten im Tal war ein reißender Fluss, die Ameisenkolonne  am Ufer ein Reitertrupp.

   Auf dem Platz vor der Touristenherberge zelebrierten Indianer einen Regentanz. Eine Squaw ging mit einem Holzteller herum und sammelte Geld. Punkt fünf sattelten sie ihre Tiere und ritten zurück ins Reservat. Bolle aß und trank noch etwas und ging dann in sein, vom schwarzen Schaffner bereits aufgeschlagenes Bett.

   Geregnet hat es nicht, jedenfalls nicht in dieser Nacht.

Es war ja auch kein echter Regentanz. Die Indianer mogelten ein bisschen und ließen mit Bedacht ein paar Regeln außer Acht. Den unkundigen Bleichgesichtern entging der frommen Betrug und der kundige Regengott, dem man kein X für ein U vormachen kann, fühlte sich nicht angesprochen. Der geschäftsschädigende Regen blieb aus, die gewinnträchtigen Besucherströme flossen weiter, die lukrative Einnahmequelle versiegte nicht.

Im Tourismusgeschäft ist so ein Regentanz ein zweischneidiges Schwert; es  mit ein paar Fehltritten zu entschärfen, - einfach genial.

   

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