Der Mansfeld kommtErinnerungen an Krieg und FriedenAutor: Helmut Bollmann
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Der sichere Hafen
Das Thema "Internat" wurde aktuell, weil das "Luther-Pädagogium" in Mansfeld mit der Untersekunda endete. Die nächste weiterführende Schule befand sich in Aschersleben. Das bedeutete Fahrschülerleben: In aller Herrgottsfrühe raus aus den Federn, Busfahrt nach Klostermansfeld und anschließend eine dreiviertelstündige Bahnfahrt nach Aschersleben mit Umsteigen in Sandersleben. Von einem solchen Schulweg versprach sich Bolle allerlei Abwechslung, aber der Mutter standen bei diesem Gedanken die Haare zu Berge. Der Vater sah sich gedrängt, nach einem passenden Internat Ausschau zu halten und verfiel - es sollte ja was Besonderes sein - auf die ehrwürdige Lehranstalt Schulpforta bei Naumburg. Die vom späteren Kurfürst Moritz von Sachsen anno 1543 gegründete protestantische Fürstenschule hatte so große Geister wie Fichte, Klopstock und Nietzsche hervorgebracht, warum sollte sie nicht auch aus Bolle etwas machen. Der aber wollte lieber Bäcker und Konditor werden - in er Backstube bei Altmanns gab es immer so herrlich süße Kuchenränder. Deshalb war er hoch erfreut, als ihm rein zufällig das Antwortschreiben aus Schulpforta in die Hände fiel, dem er entnehmen konnte, dass er nicht die notwendigen Voraussetzungen für ein humanistisches Gymnasium mitbringe: Latein schon ab Sexta, damit konnte er nicht dienen. Auch an seinen übrigen Zeugnisnoten nörgelten sie herum, was Bolle für den Fall weiterer Umschulungsversuche zu der Erkenntnis verhalf: Stell dich dumm, dann nehmen sie dich nicht an und du kannst zu Hause bleiben. Deshalb war er guten Mutes, als der Vater kurz vor Ostern 1934 verkündete: "In Ballenstedt wird eine neue Schule aufgemacht. So was ähnliches wie Schulpforta, aber sie verlangen kein Latein. Nächsten Montag ist Aufnahmeprüfung, da bring ich dich hin." |
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